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Fistula e.V.

Herbst 2025

Liebe Fistula-Förder*innen und -interessierte,

Wir möchten Ihnen in diesem Brief über die internationalen, langjährigen Bemühungen im Kampf gegen Geburtsfisteln berichten und eine wichtige Diskussion anregen, wo wir heute stehen und was in Zukunft zum Erfolg führen kann. Eine gute Entwicklungszusammenarbeit basiert auf Toleranz, Akzeptanz und nachhaltigem Wissenstransfer. Fistula e.V. und die Partnerorganisationen in Uganda und Burkina Faso möchten hier Vorreiter sein. Viele westliche Staaten reduzieren die Hilfsprogramme – es wäre jedoch mehr Engagement für Partnerschaften mit nicht-staatlichen Organisationen erforderlich. Sie leben die Zukunftsvisionen für ihre Gemeinschaften vor.

Frauen im Globalen Süden brauchen unsere Unterstützung!

ARENA Weltfistulatag
Stolz und selbstbewußt sind die beiden Fistulapatientinnen im ARENA Fistula Hospital nach geglückter Operation während der Reintegrationszeit - behandelt in einem spezialisierten Zentrum mit ganzheitlicher Versorgung

Entwicklungszusammenarbeit aus Sicht eines afrikanischen Fistelchirurgen

Seit 23 Jahren besteht nun die Initiative der Vereinten Nationen „Campain to End Fistula“ (dem Bevölkerungsfonds UNFPA zugeordnet), die bis 2030 Geburtsfisteln in 55 Ländern ausrotten sollte. Dr. Itengré Ouédraogo, Chefarzt und Geschäftsführer unserer Partnerorganisation ARENA in Burkina Faso, hielt für den diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) einen Vortrag über den Erfolg der Kampagne, insbesondere im Hinblick auf den kurzfristigen Einsatz westlicher Operateure in vielen Subsahara-Staaten im Rahmen sogenannter „Kampagnen“ und Kurzaufenthalte.

Was konnte in den über 20 Jahren UNFPA-Kampagne erreicht werden?

Die internationale Gemeinschaft hat aufgrund der „Campain to End Fistula“ endlich Notiz von der schlechten medizinischen Versorgung von Frauen während Schwangerschaft und Geburt genommen und sich im Kampf gegen Fisteln engagiert. Dadurch konnte in vielen Ländern der Zugang zur operativen Versorgung der betroffenen Frauen verbessert werden. Allerdings ist es nicht geklärt, ob sich dadurch die Zahl der von Geburtsfistel betroffenen Patientinnen vermindert hat. In den letzten Jahren haben sie dokumentiert in Burkina Faso zugenommen, sicherlich auch in anderen Bürgerkriegsländern wie Mali, dem Sudan und im Osten der Demokratischen Republik Kongo sowie in Afghanistan.

Nach dem Vorbild des äthiopischen Hamlin Fistula Hospital, das Fistula e.V. über 18 Jahre unterstützt hat, entstanden in einigen Ländern spezialisierte Fistelzentren (u.a. Uganda, Burkina Faso, Mozambique und dem Niger), in denen eine ganzheitliche Betreuung erfolgt. Unter einer Initiative der FIGO, Weltorganisation für Frauenheilkunde und Geburtshilfe wurden Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Fistelchirurgen erstellt, die in vielen Ländern organisiert und leider nicht ausreichend finanziert werden. Ein großer Beitrag der FIGO sind die von erfahrenen Fistelchirurgen erstellten, standardisierten Richtlinien zur Diagnostik, Therapie und pflegerischen Versorgung von Fistelpatientinnen. Ziel ist die Verbesserung der Versorgungsqualität.

ARENA Dr. Itengré mit Patientin
Dr. Itengré Chefarzt und Gründer von ARENA in Burkina Faso, bespricht mit einer Patientin das Operationsergebnis. Wir berichten über seinen Vortrag betreffend klassischer internationaler  "Entwicklungshife" im Fistulabereich der letzten Jahrzehnte beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU).

Wo ergeben sich Probleme im Engagement der UNFPA?

Die betroffenen Länder sind bei der Umsetzung der Fistelbekämpfung in hohem Maße auf internationale Hilfe angewiesen. In vielen Ländern fehlen nationale Leitlinien für Maßnahmen zur Behandlung von Fisteln und damit eine nachhaltige Strategie.

Viele Regierungen setzen weiterhin auf „chirurgische Kampagnen“, wo in einzelnen Bezirken Patientinnen gesammelt werden und innerhalb von wenigen Tagen in einer konzertierten Aktion von teils unerfahrenen Chirurgen in sogenannten „Camps“ operiert werden, ohne differenzierte Diagnostik und ohne fachliche Nachbetreuung. Dabei ist die Zahl von Fehlschlägen sehr hoch, es findet weder eine Nachsorge noch eine Rehabilitation oder Reintegration statt. Viele Frauen werden mehrfach operiert, ohne dass jemals über einen Strategiewechsel für die Operation nachgedacht wird – man muss wissen, dass die Erfolgsrate für den Fistelverschluss mit jedem weiteren Eingriff sinkt! Einheimische Operateure werden pro Operation im Verhältnis fürstlich entlohnt, ohne dass eine Erfolgskontrolle stattfindet. Die wenigen lokalen Organisationen, die sich für die Behandlung von Fisteln einsetzen, sowie spezialisierte Fistelzentren sind von internationaler Hilfe abhängig und ihre wichtige Arbeit ist weitgehend unterfinanziert. 

Ein weiteres Problem stellen unerfahrene ausländische Gastchirurgen dar, die oft keine Kenntnis der komplexen anatomischen Veränderungen bei ausgedehnten Fisteln haben. Das sind Befunde, die wir in der westlichen Welt noch nie gesehen haben! Sie kommen oft mit ganzen Teams und umfangreichem Instrumentarium - vor dem Einsatz wird jedoch kein Nachweis über das tatsächliche Wissen in der operativen Versorgung von Fisteln gefordert. Patienten werden mit modernen OP-Techniken (wie z.B. Harnableitungen) operiert, die vor Ort gar nicht nachgesorgt werden können. Dadurch entstehen Komplikationen, die sogar zum Tod der Patientinnen führen können. 
ARENA_Reintegration
Ein Burkinabè Karrrikaturist stellt die Situation ausländischer "medizinischer Hilfe" satirisch dar. Das wie eine Reklametafel auf Blech gemalte Bild kann im verwaisten staatlichen Kunstgewerbezentrums in Ougadougou erworben werden. Touristen, die üblichen Käufer, gibt es in dem Bürgerkriegsland derzeit keine.
An den Ursachen, die zu Geburtsfisteln führen, hat sich in dieser langen Zeit nicht viel geändert. Rigide soziale Strukturen, mangelnde Bildung und unzureichende medizinische Versorgung für Frauen haben sich nicht verbessert.

Dr. Itengré legte dar, dass die Arbeit der UNFPA in weiten Bereichen gescheitert ist, da in vielen Ländern keine von dort koordinierten Programme aufgesetzt wurden und einheimische wie westliche Operateure oft nicht über die für die Fistelchirurgie erforderlichen operativen Kenntnisse verfügen. Dringend erforderliche gesellschaftliche Veränderungen zur Ausrottung von Geburtsfisteln blieben aus.

Wie soll nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit aussehen?

Dr. Itengré wünscht sich eine kooperative Entwicklungszusammenarbeit, die den Bedürfnissen des Landes/Projekts angemessen ist. Dazu gehören kulturelle Kompetenz und Akzeptanz der Normen des Gastlandes. 

Hilfsorganisationen müssen integer und verantwortungsbewusst handeln und auch unter schwierigen Bedingungen die Standards der Pflege und des fachlichen Urteilsvermögens einhalten. Es braucht stärkere, global gültige, rechtliche Rahmenbedingungen, in der eine Fehlerkultur gepflegt wird und Behandlungsfehler rechtliche Konsequenzen haben. Korruption muss ausgeschaltet werden. Wichtig ist auch eine bessere Koordinierung und Weiterbildung in der Pflege, um die Patientensicherheit zu verbessern.

Wir haben uns sehr gefreut, dass Fistula e.V. als herausragendes Beispiel für gute Zusammenarbeit, kulturelle Akzeptanz und Orientierung am Bedarf des Projektes genannt wurde. Gelobt wurde die Einbeziehung des gesamten Teams, denn nur so werden die Projektinhalte in Zukunft von allen umgesetzt.

Sein Fazit: Internationale medizinische Hilfe ist wichtig und dringend erforderlich. Um wirksam zu sein, sollte sie wichtige ethische Aspekte berücksichtigen, wie die Gewährleistung einer gerechten Ressourcenverteilung, die Wahrung der Würde und Rechte der Patienten durch informierte Einwilligung und kulturelle Sensibilität, den Schutz vor Ausbeutung und die Förderung des langfristigen Nutzens für die Gemeinschaft im globalen Süden anstelle kurzfristiger Bedürfnisse von freiwilligen Helfern („Weißer Retter-Komplex“).
ARENA_Schneiderei
Beim Abschluss des vorhergehenden Lehrgangs im Juli 2025 übergibt die Projektleiterin Rasmata die Urkunde über die Schneiderausbildung, eine mechanische Nähmaschine, Stoffe und weitere Ausstattung.

Reintegrationsprogramm für junge Frauen
im ARENA Fistula Hospital

In den letzten Monaten haben wir uns sehr um die weitere Finanzierung der Betreuung junger Fistelpatientinnen bemüht. Gelder aus den USA, die in den letzten Jahren für dieses wichtige Programm zur Verfügung standen, wurden kurzfristig gestrichen. Wir hatten uns bei der Deutschen Botschaft in Ougadougou dafür beworben, konnten jedoch leider keine Unterstützung erhalten. So haben wir uns entschieden, das Programm komplett von Ihren Spendengeldern zu finanzieren, da wir es für ausgereift und erfolgversprechend einstufen. 

Das Programm steht insbesondere jungen Frauen offen, die von Partner und Familie verstoßen wurden und somit keinerlei soziales Netzwerk haben. In sechs Monaten erlernen sie die Schneiderei und die Herstellung von Seife. Während der Zeit erhalten sie eine intensivere psychosoziale Betreuung als das normale 3-wöchige Reha-Programm bieten kann. Am Ende der Ausbildung steht eine Prüfung mit Zertifikat und sie bekommen die Grundausstattung für das Schneiderhandwerk und die Seifenherstellung. Es ist sehr berührend, die stolzen Gesichter beim ersten selbst entworfenen und gefertigten Kleidungsstück zu sehen! Sie strahlen nach langer Zeit der Verzweiflung wieder Zuversicht und Optimismus für ihr weiteres Leben aus! Das Team von ARENA, das über zwei ausgebildete Traumatherapeuten verfügt, leistet eine wunderbare Arbeit!

Neu aufgenommen haben wir eine fortlaufende Betreuung über weitere sechs Monate, in denen der berufliche Neuanfang und die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft begleitet wird. Dieser Teil des Programms ist herausfordernd, da aufgrund des Bürgerkriegs Straßen oft nicht befahren werden können und somit die geplanten Besuche der Sicherheitslage angepasst werden müssen. Immer wieder treffen die Sozialarbeiter auf zerstörte Dörfer und können die Patientinnen nicht mehr ausfindig machen. 

Wir bewundern das Team von ARENA, das in dieser Situation große Verantwortung und Beharrlichkeit in ihren Aufgaben zeigt und sich flexibel an die jeweilige Situation anpasst – immer zum Nutzen ihrer Patientinnen!
 

Spende für die Reintegration junger Frauen in Burkina Faso

Die Nähkurse für junge, alleinstehende  Frauen sind ein wesentlicher Bestandteil der Reintegration, um später ein selbst-bestimmtes Leben zu führen. Ergänzende Alphabetisierung ist in Planung.

Wir finanzieren dieses wichtige Engagement
mit Ihren Spenden.
 

Die apoBank-Stiftung unterstützt unser
Endoskopie-Programm in Burkina Faso

Wir freuen uns sehr, dass die apo-Bank-Stiftung unser laufendes Projekt zur Einführung der Endoskopie mit einem Betrag von € 9.000,00 unterstützt. Damit können der Transport, die Zollgebühren und zusätzlichen Anschaffungen wie kleine Sterilisierbehälter für die Untersuchungssets, notwendige Accessoires für die Aufbereitung und wichtige Harnleiterkatheter finanziert werden. Auch unsere Projektreisen werden unterstützt. Herzlichen Dank für das Vertrauen, das Sie unserer Arbeit schenken!

Neues vom Verein

Anfang Juli wurde Dr. Barbara Teltschik zu einem Afrika-Abend des Rotary-Clubs Oy Via Salina nach Immenstadt im Allgäu eingeladen. Wir hatten die Gelegenheit, unsere Arbeit vorzustellen und kamen mit anderen Organisationen, die sich in verschiedenen Ländern Afrikas für Brunnenbau, in medizinischen und weiteren sozialen Belangen engagieren, während einer anschließenden Podiumsdiskussion ins Gespräch. An diesem Abend wurden Spenden gesammelt, die zwischen allen Projekten aufgeteilt wurden. Wir haben uns über € 500,00 sehr gefreut!

Auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Hamburg waren wir wieder mit einem Stand prominent vertreten, Vorstandsmitglied Angelika Stäbler konnte interessante Gespräche mit den Kongressbesuchern führen und wir hoffen auf Unterstützung durch die Kollegen. Wie oben berichtet, wurde für die Sitzung „Urologie hilft“, in der sich urologische Projekte im globalen Süden austauschen, ein Vortrag von Dr. Itengré Ouédraogo, erfahrener Fistelchirurg und Mahner für eine kooperative Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt. Geld alleine oder kurzzeitiger Einsatz von OP-Teams, die ihr Knowhow und Instrumentarium wieder mit nach Hause nehmen, verstärken die kolonialen Strukturen und helfen nicht zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in den Einsatzländern. Schade, dass er nicht persönlich anwesend sein konnte, um mit den Kollegen zu diskutieren.

DGU-Kongress
Vorstandsmitglied Angelika Stäbler beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Hamburg.

Unterstützen Sie unsere Projekte in Uganda und Burkina Faso, spenden Sie dort, wo die Hilfe bei den Menschen ankommt!

Wir werden uns weiterhin auf Augenhöhe für unsere Partner engagieren und hoffen, bald weitere wichtige Projekte wie ein kinderchirurgisches Set für TERREWODE in Uganda und ein Ultraschallgerät für ARENA in Burkina Faso verwirklichen zu können.

Alles Gute wünscht Ihnen das Team von Fistula e.V. 

Dr. Barbara Teltschik
Vorstand Fistula e.V.

Logo Fistula e.V.
 

Kinderchirurgisches Instrumentenset für das TERREWODE Fistula Hospital in Uganda

Zwischenzeitlich kommen immer wieder Kinder mit urogenitalen Missbildungen in das landesweit bekannte Krankenhaus. Dafür werden kleine, feine Instrumente benötigt, um sensible Strukturen wie den Harnleiter oder die Harnröhre zu schonen. Unterstützen Sie die Finanzierung ergänzender Instrumente!
 
Informieren Sie sich doch auch über Social Media!

Spendenkonto Fistula e.V.

Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank)

IBAN: DE29 3006 0601 0081 2834 05

BIC (SWIFT-CODE): DAAEDEDDXXX

Fotos: Dr. Barbara Teltschik, ARENA, Angelika Stäbler - Copyright: Fistula e.V.

Wenn Sie diese E-Mail (an: unknown@noemail.com) nicht mehr empfangen möchten, können Sie diese hier kostenlos abbestellen.

 

 

Fistula e.V.
Dr. Barbara Teltschik
Heubergstraße 8
70188 Stuttgart
Deutschland

info@fistula.de
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Deutsche Apotheker- und Ärztebank
IBAN: DE29 3006 0601 0081 2834 05
BIC (SWIFT-CODE): DAAEDEDDXXX
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